2. Zur Beteiligung der Nettozahler am EU-Haushalt 2009 und 2014 als Beispiele

Nachdem Deutschlands Beteiligung am EU-Haushalt genauer untersucht worden ist, soll ein Teil der Deutschland betreffenden Fortschreibungsergebnisse  mit entsprechenden für die anderen Nettozahler ermittelten Ergebnissen kombiniert werden (EU budget 2014. Financial report, S. 140, S. 145).


Tabelle 2 – 2015

Zur Beteiligung der Nettozahler am EU-Haushalt
– 2009 und 2014 als Beispiele –

– Absolute Werte in Milliarden EUR –

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Zur Verknüpfung werden in die folgende Tabelle 2-2015 in der jeweils ersten Zeile der Jahre 2009 und 2014 die entsprechenden aus Tabelle 1-2015 bekannten Daten für Deutschland hervorgehoben eingetragen. Es wird unterstellt, dass die Jahre 2009 und 2014 als Beispiele einen hinreichenden Eindruck vom Gesamtzeitraum der Fortschreibung darüber vermitteln, wie die Nettozahler am EU-Haushalt teilgenommen haben. Neben Deutschland (DE) werden Frankreich (FR), England (UK) und Italien IT) als die drei anderen großen, als Nettozahler fungierenden Volkswirtschaften je für sich berücksichtigt, ebenso die Niederlande (NL) als der größte Nettozahler der mittleren Gruppe, während die übrigen dieser Gruppe in meinem Überblick nur zusammengefasst berücksichtigt werden konnten (wenigstens in der Tabelle).

Zum Jahr 2009

Frankreich war neben Deutschland stets die ganz große Stütze des EU-Haushalts (vgl. Zahlmeister, S.25, S. 33 f., S.39.). Dies wird in erster Linie durch die am BNE und am MwSt-Aufkommen bemessenen ursprünglichen nationalen Beiträge begründet. Diese betrugen 2009 für Deutschland 18,8 Mrd. EUR., für Frankreich 16,1 Mrd., während für England 12,9 Mrd. und Italien 11,8 Mrd. ermittelt wurden (Vgl. hierzu und für das Folgende: EU-Haushalt 2009. Finanzbericht, S. 62). Und diese Abstufung war bislang charakteristisch, wobei allerdings gilt, dass diese Beiträge, wie schon betont, nur die Basis für die von der EU  ausgewiesenen nationalen Beiträge darstellen, weil sie im Regelfall durch Entscheidungen der EU korrigiert werden.

Der bereits für Deutschland genannte, gemäß EMB 2007 gewährte Abschlag war (neben anderen kleinen Korrekturen) der Hauptgrund dafür, dass Deutschlands nationaler Beitrag und in dessen Folge der angepasste nationale Beitrag im Vergleich zum Vorjahr auf 17,9 Mrd. sank (Tabelle 2-2015, Sp. 1). Für Frankreich hingegen ergab sich gleichzeitig eine merkliche Erhöhung. Denn in Höhe der gemäß EMB 2007 erfolgenden Abschläge für Deutschland, die Niederlande, Österreich und Schweden (mit insgesamt 4,5 Mrd.) wurden alle anderen Mitgliedstaaten zusammen mit dem gleichen Gesamtbetrag zusätzlich belastet, darunter Frankreich mit 1,1 Mrd. Eine derartige interne Umverteilung (vor Feststellung der nationalen Beiträge) nimmt die Europäische Kommission auch zugunsten von England vor (s.u.), wodurch Frankreich nochmals mit 1,4 Mrd. belastet wurde (Deutschland nur mit 0,3 Mrd.). Wenn man nun auch für Frankreich den Anpassungsbeitrag berücksichtigt, wurde für Frankreich ein angepasster nationaler Beitrag von 19,2 Mrd. erreicht (Sp. 1).

Damit wurde durch die angedeuteten politischen Eingriffe die ungewohnte Konstellation realisiert, dass Frankreichs angepasster nationaler Beitrag den deutschen eindeutig überstieg. Gleichzeitig waren die seitens der EU in Frankreich getätigten operativen Ausgaben mit 13,3 Mrd. höher als die in Deutschland getätigten (Sp. 2), und zwar um so viel, dass der französische Nettobeitrag mit -5,9 Mrd. niedriger war als der deutsche mit -6,4 Mrd. (Sp. 3). Ein Beispiel dafür, dass der größte Einzahler, hier Frankreich, nicht auch der größte Nettozahler sein muss.

Wer weiß, dass es den Engländern 1985 gelungen ist, bei Berechnung des nationalen Beitrags eine Jahr für Jahr gültige Sonderkondition auszuhandeln (vgl. Zahlmeister, S. 47 ff.), den überrascht es nicht, wenn England als die an dritter Stelle stehende große Volkswirtschaft 2009 einen gesonderten Abschlag von 5,6 Mrd. erhielt. Für England sank dadurch (auch nach Berücksichtigung des Anpassungsbetrags) der angepasste nationale Beitrag auf 8,0 Mrd. (Sp. 1), der ansonsten bei 14,3 Mrd. gelegen hätte. Dem stark verminderten angepassten nationalen Beitrag standen 6,1 Mrd. operative Aus-gaben gegenüber (Sp. 2), sodass England mit einem Nettobeitrag von -1,9 Mrd. „davon-kam“, der eindeutig unter dem der beiden größeren Volkswirtschaften lag (Sp. 3).

Italien mit der an vierter Stelle stehenden Volkswirtschaft und mit einem ursprünglichen nationalen Beitrag in Höhe von 11,8 Mrd. musste knapp 1,0 Mrd. zusätzlich übernehmen, weil infolge des EMB 2007 drei andere Mitgliedstaaten (darunter Deutschland) 2009 entlastet wurden; außerdem 1,1 Mrd. wegen der für England geltenden Sonderkondition. Zusammen mit zwei weiteren kleinen Korrekturen und der Anpassung stieg der angepasste nationale Beitrag Italiens auf 14,2 Mrd., der ansonsten bei 12,0 Mrd. gelegen hätte. Diese Erhöhung führte dazu, dass Italien mit seinem angepassten nationalen Beitrag an die dritte Stelle rückte (Sp. 1). Nun erhielt Italien zwar eindeutig mehr operative Ausgaben als England (Sp. 2), aber mit einem Nettobeitrag von -5,1 Mrd. war Italien auch der drittgrößte Nettozahler.

Die Niederlande waren 2009 innerhalb der mittleren Gruppe der Volkswirtschaften mit einem ursprünglichen nationalen Beitrag von 4,3 Mrd. prinzipiell auch der größte Nettozahler. Aber wie Deutschland erhielten die Niederlande aufgrund des EMB 2007 einen einmaligen größeren Abschlag auf die nationalen Beiträge zugebilligt (-2,1 Mrd.), zudem einen vorläufig nicht befristeten Sonderabschlag (-0,6 Mrd.). Diese Kürzungen waren der Hauptgrund dafür, dass der angepasste nationale Beitrag der Niederlande „merklich“ auf 1,6 Mrd. sank (Sp. 1); ansonsten hätte er bei 4,5 Mrd. gelegen.. Und da die in den Niederlanden getätigten operativen Ausgaben mit 1,8 Mrd. auf dem Niveau der Vorjahre blieben, kam es rechnerisch sogar zu einem Plus von 0,2 Mrd. (Sp. 3), das unter den Nettobeiträgen der Tabelle 2-2015 nur unter Vorbehalt genannt werden darf. Jedenfalls stellt dieser Betrag nicht die Nettoleistung eines Nettoempfängers, sondern das mehr zufällige Ergebnis einer zeitlich kumulierten Entlastung eines Nettozahlers dar.

Nach den Niederlanden werden die übrigen mittleren und die kleinen Volkswirtschaften, insgesamt sieben, in der Tabelle 2-2015 als „weitere Nettozahler“ nur noch zusammengefasst berücksichtigt. Das dürfte zu verantworten sein, weil für 2009 mit der bisherigen Analyse bezüglich des „Wie“ der Beteiligung der Nettozahler am EU-Haushalt wohl alles Wesentliche gesagt ist. Einige erwähnenswerte Ergänzungen oder Abweichungen ergeben sich eher durch den Vergleich mit zumindest einem weiteren Jahr.

Zum Jahr 2014

Mit Übertragung der in diesem Jahr für Deutschland ermittelten Daten aus Tabelle 1-2015 soll zur inhaltlichen Verknüpfung Folgendes wiederholt werden (Vgl. hierzu und das Folgende EU Budget 2014. Financial report, S. 140): Der als dominant anzusehende ursprüngliche nationale Beitrag betrug 25,4 Mrd. EUR und lag damit 35% über dem des Jahres 2009. Hinzu kamen Aufschläge infolge des England gewährten besonderen Abschlags und des JI-Abschlags (für England, Dänemark und Irland), außerdem war der Anpassungsaufschlag zu berücksichtigen, sodass sich für Deutschland ein angepasster nationaler Beitrag in Höhe von 26,8 Mrd. ergab (Sp. 1, unterer Teil).

Daran gemessen konnte Frankreich mit 20,3 Mrd. seine Position als „Vizezahlmeister“ verteidigen, wenngleich sein ursprünglicher nationaler Beitrag mit 18,0 Mrd. im Vergleich zu Deutschland „nur“ 11 % über dem des Jahres 2009 lag. Aber mit den vom Typ her gleichen Aufschlägen wie bei Deutschland kam Frankreich „wenigstens“ auf die genannten 20,3 Mrd.

In England ging es etwas „stürmischer“ zu, denn sein ursprünglicher nationaler Beitrag lag mit 17,5 Mrd. 37% über dem von 2009 und kann damit erstmals nahe an dem Frankreichs (mit 18,0 Mrd.) heran. Doch der gesonderte Abschlag für England betrug 2014 6,1 Mrd. Somit beteiligte sich England (auch unter Berücksichtigung des relativ kleinen Anpassungsbeitrags) am EU-Haushalt nur mit einem angepassten nationalen Beitrag von 11,8 Mrd., der wiederum, wie 2009, deutlich unter den angepassten nationalen Beiträgen Deutschlands und Frankreichs lag.

Italien hatte offenbar ähnlich wie Frankreich gewisse Konjunktur- und Wachstumsprobleme, denn auch hier stieg 2014 der ursprüngliche nationale Beitrag mit 13,2 Mrd. „nur“ 11% über den des Jahres 2009. Zusammen mit den vom Typ her gleichen Aufschlägen wie bei Deutschland betrug Italiens angepasster nationaler Beitrag schließlich 14,9 Mrd. und lag damit wiederum über dem anagepassten nationalen Beitrag Englands.

In den Niederlanden erhöhte sich 2014 der ursprüngliche nationale Beitrag im Vergleich zu 2009 mit dem Spitzenwert von 48% auf 6,3 Mrd. Gleichzeitig gab es keine die Niederlande spezifisch begünstigende Abschläge mehr, sodass sich die Niederlande unter Berücksichtigung eines geringen Anpassungsbetrags nun mit einem angepassten nationalen Beitrag von 6,6 Mrd. am EU-Haushalt beteiligte.

Unter Beachtung der zuvor angedeuteten quantitativen Bezüge, die formal auch für die weiteren sechs Nettozahler gelten, ergab sich wiederum eine auf verschiedenen Entscheidungen basierende Struktur der angepassten nationalen Beiträge (Sp. 1). Nun hing es wiederum formal so, wie es für 2009 etwas beschrieben wurde, vom „Zusammenwirken“ mit den operativen Ausgaben der EU (Sp. 2) ab, mit welchen Nettobeiträgen die einzelnen Nettozahler beteiligt waren (Sp. 3). Die Spitzenposition Deutschlands mit einem Nettobeitrag von -15,5 Mrd. ist deutlich ausgeprägter als 2009. Frankreich hat aber mit -7,2 Mrd. seine zweite Position behauptet. England bringt jetzt mit -4,9 Mrd. mehr ein als Italien, und selbst die Niederlande als mittlere Volkswirtschaft setzten sich mit -4,7 Mrd. vor die große Volkswirtschaft Italien mit
-4,5 Mrd. EUR.

Relative Belastungen und Entlastungen der Nettozahler

Aus der Perspektive des einzelnen Nettozahlers ist von Interesse, in welchem Umfang die Belastung, die durch den angepassten nationalen Beitrag entsteht, durch die mit den operativen Ausgaben seitens der EU verbundene Entlastung kompensiert wird, wenigstens generell rechnerisch. Dazu gibt in Tabelle 2-2015 die Spalte 4 einige Informationen.

2009 waren von den vier großen Volkswirtschaften Deutschland und Italien mit einer Entlastung von 64% gleichgestellt, Frankreich lag mit vier Prozentpunkte darüber, während England, das „ohnehin“ den geringsten nationalen Beitrag zu tragen hatte, auf diesen mit 76% am höchsten entlastet wurde. Die für die weiteren Nettozahler ausgewiesene Entlastung von 61% als Durchschnittswert zeigt zumindest, dass bei den mittleren und kleinen Nettozahlern die Entlastung im allgemeinen geringer war als bei den großen Volkswirtschaften.

Vor diesem Hintergrund zeigen sich für 2014 einige markante Gewichtsverschiebungen. Von den einzeln genannten Nettozahlern sind die Niederlande mit 29% und Deutschland mit 42% die durch die operativen Ausgaben am wenigsten entlasteten Nettozahler. England liegt mit 61% nun unter der Entlastung von Frankreich mit 64% und dem stärker entlasteten Italien mit 70%. Bei den „weiteren Nettozahlern“ hat die mit den operativen Ausgaben verbundene durchschnittliche Entlastung auf 56% weiter abgenommen.

Da sich bei den Nettozahlern die angepassten nationalen Beiträge (ohne Rest) in die operativen Ausgaben und die Nettobeiträge aufteilen, wird in jedem Einzelfall mit dem Prozentsatz der Entlastung durch die operativen Ausgaben implizit auch der Prozentsatz der Belastung durch die Nettobeiträge genannt, wie dies in der Spalte 5 der Tabelle 2-2015 vermerkt worden ist. Die Werte addieren sich (vom Vorzeichen abgesehen) zu 100%. Dies kann zu komplementären Feststellungen verwendet werden. Beispielsweise wurde 2014 der deutsche angepasste nationale Beitrag durch die operativen Ausgaben zu 42% entlastet und mit dem Nettobeitrag zu 58% belastet.

Durch diese Komplementarität wird auch die in diesem Zusammenhang betriebene Politik der EU veranschaulicht, wie die Summenzeilen zu den beiden Jahren zeigen: 2009 flossen von den 70,7 Mrd. angepasster nationaler Beiträge der Nettozahler (Sp. 1) 67% in Form operativer Ausgaben an diese zurück, und 33% wurden als Nettobeiträge einbehalten (Sp. 4 und 5). Davon eindeutig abweichend flossen 2014 von den 95,4 Mrd. nur 55% zurück und 45% wurden als Nettobeiträge einbehalten.

Was nun wieder die einzelnen Nettozahler betrifft, ist die nächste Frage die: Wenn man schon in einem Jahr mit x% seines angepassten nationalen Beitrags unwiderruflich belastet bleibt, was trägt man damit zum Wohle der EU bei? In erster Annäherung lautet die Antwort: Der Nettobeitrag macht y% aller Nettobeiträge des betreffenden Jahres aus. Für 2009 und 2014 wird das in der Tabelle 2-2015 in der Spalte 6 konkretisiert, wobei die hier jeweils als 100,0% ausgewiesenen Summen der Nettobeiträge in der Spalte 3 in absoluten Beträgen genannt sind: -23,0 und -43,4 Mrd. EUR.

Damit liegen zugleich die Daten vor, mit denen in Verbindung mit der nächsten Tabelle weiter argumentiert werden soll.

Weiterlesen: 3. Zur Beteiligung der Nettozahler an der Umverteilung  2009 bis 2014

(aus „Deutschland als finanzielle Stütze im Kreis der Mitgliedstaaten der EU“ von
Prof. em. Dr. Franz-Ulrich Willeke http://www.fu-willeke.de [PDF-Datei zum Herunterladen])