Zu Verknüpfung mit der folgenden Tabelle 3-2015 werden aus Tabelle 2-2015 die beiden Summen der Nettobeiträge (-23,0 und -43,4 Mrd.) und die prozentualen Anteile der Nettobeiträge aus Sp. 6 übernommen. Alle diese Daten sind in der Tabelle 3-2015 nunmehr in der ersten und letzten Zeile hervorgehoben angeordnet, um dazwischen für die etwas umfassendere, alle sechs Jahre berücksichtigenden Fortschreibung „den notwendigen Platz dazwischen zu schaffen“.
Zur laufenden Umverteilung innerhalb der EU
Für jede jährliche Summe der Nettobeiträge in Sp. 1 gilt, dass sie unter der Voraussetzung angepasster nationaler Beiträge zustande gekommen ist. Durch die Anpassung wird nicht nur die jährliche Summe der nationalen Beiträge auf die jährliche Summe der operativen Ausgaben angehoben, sondern damit gleichzeitig erreicht, dass die jährliche Summe der Nettobeiträge stets gleich der jährliche Summe der den Nettoempfängern gewährten Nettoleistungen ist (Vgl. Zahlmeister, S. 23 ff.). Deshalb stellt die jährliche Summe der Nettobeiträge zugleich die jährliche Umverteilung von den Nettozahlern zu den Nettoempfängern dar. Diese doppelte Definition kann durch das doppele Vorzeichen ± kenntlich gemacht werden.
Die jährlichen Nettobeiträge und Nettoleistungen aller Mitgliedstaaten werden von der Europäische Kommission jeweils im Anhang der Haushaltsberichte in Übersichtstabellen zu den „Operativen Haushaltssalden“ veröffentlicht, zuletzt im EU-Haushalt 2013. Finanzbericht, S.126 f. für 2000 bis 2008, sowie im EU budget 2014. Financial report, S. 145, für 2009 bis 2014.
Tabelle 3 – 2015
Zur Beteiligung der Nettozahler
an der Umverteilung
– 2009 bis 2014 –
In den einzelnen Jahresspalten der Übersichtstabellen der Europäischen Kommission werden die Mitgliedstaaten annähernd alphabetisch aufgeführt, sodass deren Nettobeiträge oder Nettoleistungen unregelmäßig aufeinanderfolgen. Deshalb wäre es umso dringlicher, auch die beiden Summen der Nettobeiträge und der Nettoleistungen zu nennen, aber die Europäische Kommission verzichtet darauf. Nun ist allerdings klar: Wenn man von der jährlichen Summe der Nettobeiträge die der Nettoleistungen abzieht, ergibt sich „null“. Deshalb ist es formal betrachtet auch zulässig, wenn man diese Summen gar nicht nennt, sondern nach Auflistung der Nettobeiträge und Nettoleistungen aller Mitgliedstaaten einfach „0,0“ darunterschreibt. Die Europäische Kommission wird nicht müde, in ihren Haushaltsberichten so vorzugehen. Das hat anscheinend etwas mit der „Philosophie“ der Europäischen Kommission zu tun, über eine wenngleich nachweisbare Umverteilung möglichst wenig reden zu wollen und deshalb anstelle der Umverteilungssummen nur deren Null-Saldo zu nennen.
Jedenfalls handelt es sich bei diesen Nullen, wo auch immer sie tabellarisch eingeordnet werden, zumeist um ganz unterschiedliche „europäische Nullen“, da hinter ihnen ganz unterschiedliche Umverteilungssummen stehen können, wenn man nur an die schon genannten 23,0 und 43,4 Milliarden Euro denkt. Deshalb müssen diese Nullen „aufgebrochen“ werden, damit die sich Jahr für Jahr abspielende innereuropäische Umverteilung sichtbar wird, die von erheblicher Bedeutung für die Charakterisierung und Beurteilung der EU ist: Die jährlichen Umverteilungssummen sind ein gewichtiger Indikator für die in der EU herrschende Solidarität, genauer für die Solidarität der jeweiligen Nettozahler gegenüber den Nettoempfängern.
Zur Entwicklung der Umverteilung ab 2009
In Spalte 1 der Tabelle 3-2015 wird die Entwicklung der Umverteilung für die sechs Jahren bis 2014 festgehalten. Zu deren Beurteilung ist es nützlich, einen Blick zurück auf die Umverteilung in den sechs Jahren zuvor zu werfen.
2003, im letzten Jahr der EU-15, betrug die Umverteilungssumme 17,1 Mrd. EUR., die ausschließlich den vier Nettoempfängern Irland (seit 1973 Mitglied), Griechenland (seit 1981), sowie Spanien und Portugal (seit 1986) zugutekam (vgl. Zahlmeister, S. 73 ff.). 2004 stieg – vor allem durch die Osterweiterung zur EU-25 bedingt – die Umverteilungssumme auf 20,4 Mrd., wobei die zehn neuen EU-Mitglieder als Nettoempfänger antraten (zur Analyse vgl. Zahlmeister, S.65 ff.). Infolge des Eigenmittelbeschluss der EU von 2007 und der gleichzeitigen Erweiterung der EU um zwei weitere Nettoempfänger stieg die Umverteilung bis 2008 in den Bereich von 23 Milliarden, sodass insoweit die für 2009 ermittelte Summe von ±23,0 Mrd. (Sp. 1) als eine „im bisherigen Rahmen liegende Umverteilung“ interpretiert werden kann.
Von dieser Entwicklung weicht die Umverteilung seit 2010 auffällig ab. Sie beginnt mit einem „Sprung“ von 8 Mrd. EUR in einem Jahr, um in den weiteren Jahren bis auf ±44,3 Mrd. EUR zu steigen. So hoch waren die schließlich erreichten jährlichen Umverteilungssummen noch nie, und dass sie sich dabei in kurzer Zeit nahezu verdoppelten, kam für die Nettozahler sozusagen als „erschwerende Solidaritäts-prüfung“ hinzu. Im Ergebnis wurde erstmals in der Geschichte der EU (und ihrer Vorläufer) für sechs aufeinanderfolgende Jahre zusammen eine Umverteilungssumme von 217,5 Mrd. EUR erreicht. Zum Vergleich: In den sechs Jahren zuvor waren es 119,2 Mrd. EUR (2003 17,1 Mrd.; 2004 bis 2008 101,3 Mrd., zuzüglich einer nachträglichen statistisch bedingten Korrektur von 0,8 Mrd. für 2008).
Da die Europäische Kommission, wie gesagt, keine Umverteilungssummen ausweist, können für sie auch die prozentualen Anteile der Nettozahler daran nicht von öffentlichem Interesse sein – und damit auch für das nicht, worauf das Ganze schließlich hinauslaufen wird, nämlich auf einer Darstellung der EU als einer regulären Transferunion.
Welche Sachverhalte die prozentualen Anteile der Jahre 2009 und 2014 begründeten, wurde an Hand der Tabelle 2-2015 ausführlicher diskutiert. Da für die Jahre „dazwischen“ formal gleiche Zusammenhänge gelten, soll für diese die Nennung der berechneten Anteile (Tabelle 3-2015, Zeile 2014) bis auf einige Hinweise genügen. 2010 fielen für Deutschland und die Niederlande die größeren Abschläge auf die ursprünglichen nationalen Beiträge weg, was sich in höheren Nettobeiträgen und deren Anteilen ausdrückte (29,7 und 5,9 %). England erhielt von 2010 bis 2013 geringere Sonderabschläge auf die ursprünglichen nationalen Beiträge, was letztlich zu einer deutlich erhöhten prozentualen Beteiligung Englands an der Umverteilung führte, 2010 beginnend mit 18,1%. Das Jahr 2014 ist im Vergleich zu den vorhergehenden Jahren dadurch gekennzeichnet, dass nunmehr Deutschland und die Niederlande mit merklich höheren prozentualen Anteilen beteiligt waren, und neben England auch Frankreich und Italien im Vergleich zu den vorangehenden Jahren deutlich niedrigere Anteile aufweisen.
In der Zusammenfassung für 2009 bis 2014 zeigt sich, dass Deutschland an der Umverteilung mit 30,3% beteiligt war, während die übrigen großen Nettozahler 54,4 % und die weiteren Nettozahler 15,3 % beigetragen haben.
Weiterlesen: 4. Zum Anteil der Nettozahler an den Nettoempfängern
(aus „Deutschland als finanzielle Stütze im Kreis der Mitgliedstaaten der EU“ von Prof. em. Dr. Franz-Ulrich Willeke http://www.fu-willeke.de [PDF-Datei zum Herunterladen])