Den angepassten nationalen Beiträgen stehen die Finanzmittel gegenüber, die als operative Ausgaben der EU in die Mitgliedstaaten „zurückfließen“. Für Deutschland waren dies 178,0 Milliarden Euro (Tabelle, Sp. 2). Alle Mitgliedstaaten sind auf diese Weise „Empfänger“ der aus den berühmten „Fördertöpfen“ der EU fließenden Gelder.
Janusz Lewandowski, der EU-Kommissar für Finanzplanung und Haushalt, dachte im Besonderen an die in Deutschland getätigten operativen Ausgaben, als er auf einer Pressekonferenz in Brüssel am 30. 9. 2011 anlässlich der Veröffentlichung des Finanzberichts 2010 betonte, wie sehr doch die Mitgliedstaaten von den operativen Ausgaben „profitieren“. So möge Deutschland bedenken, dass es zu den „Hauptempfängern“ zähle – wobei gleichzeitig die Qualität der operativen Ausgaben gelobt wurde.
Lewandowski orientierte sich bei Bestimmung der Rangordnung der Empfänger (zunächst für ein Jahr) genau genommen zwar nicht nur an den operativen Ausgaben, sondern auch an den Verwaltungsausgaben der EU in den Mitgliedstaaten. Aber da Deutschland und die meisten anderen Mitgliedstaaten relativ geringe Verwaltungsausgaben erhalten, können diese der Einfachheit halber in dem folgenden Fall einmal vernachlässigt werden:
So betrugen beispielsweise – an meiner exemplarischen Darstellung für 2008 („Zahlmeister“, S. 25) anknüpfend – die operativen Ausgaben der Größe nach geordnet in Frankreich 13,4, Spanien 12,0, Deutschland 11,0, (…) Griechenland 8,5 und Polen 7,6 Milliarden Euro (…) und so weiter bis zum 27. Mitgliedstaat (Finanzbericht 2008, S.105, Ausgaben insgesamt abzüglich Verwaltungsausgaben). Kein Zweifel also, Deutschland war in diesem Jahr einer der Hauptempfänger operativer Ausgaben, sogar „Gewinner der Bronzemedaille“.
Und wenn wir die Höhe der operativen Ausgaben seitens der EU in allen Mitgliedstaaten von 1991 bis 2008 Jahr für Jahr überprüfen, zeigt sich, dass Deutschland mit den ausgewiesenen 178,0 Milliarden Euro stets ein Hauptempfänger war (Tabelle, Sp. 2; zusätzliche Informationen siehe „Zahlmeister“, Kapitel 4, S. 53 ff.). So gesehen hat Lewandowski mit seiner Feststellung, Deutschland sei ein Hauptempfänger, nicht nur für einzelne Jahre, wie beispielsweise 2008, sondern für den gesamten Zeitraum lückenlos Recht.
Weiterlesen: 3. Deutschland als größter Nettozahler
(aus: „Deutsche Eckwerte – Beteiligung Deutschlands am EU-Haushalt seit der Wiedervereinigung“ von Prof. em. Dr. Franz-Ulrich Willeke [PDF-Datei zum Herunterladen])