Unter den 17 Mitgliedstaaten, die einer Erhöhung des Stammkapitals zustimmen müssen, befindet sich eine ganze Anzahl, die vom ESM bereits Stabilitätshilfen erhalten haben und/oder nicht ausschließen wollen, dass sie gegebenenfalls eine solche Hilfe in Anspruch nehmen müssen. Diese Mitgliedstaaten werden naheliegender Weise eine Erhöhung des Stammkapitals bejahen.
Andere Mitgliedstaaten werden vielleicht zögern, aber wahrscheinlich zunehmend unter internationalen Druck geraten. An der bisherigen Diskussion über die „notwendige Kapazität von Rettungsschirmen“ haben sich auch Politiker außerhalb der Eurozone bis über den Atlantik hinweg beteiligt. „Eine Billion Euro“ als notwendiges Stammkapital wurde im Frühjahr 2012 bereits ins Gespräch gebracht (von der OECD in Paris). Warum sollte das internationale Klima in diesem Punkt anders sein, wenn es zukünftig im Rahmen des ESM darum geht, ob die Mitgliedstaaten einer Erhöhung des Stammkapitals zustimmen sollen?
Somit ist es auch schwer vorstellbar, dass die deutschen Volksvertreter sich in einem derartigen internationalen Klima einer Erhöhung des Stammkapitals widersetzen werden. Wenigstens in der gegenwärtigen Zusammensetzung von Bundestag und Bundesrat dürfte sich die Mehrheit für eine Erhöhung aussprechen. Aus Sicht dieser Mehrheit ist eine solche Einstellung wahrscheinlich auch nur konsequent, nachdem man der Einrichtung des ESM zugestimmt hat.
Jedenfalls muss nach allem, was man bisher beobachten kann, davon ausgegangen werden, dass in der Pflicht der Gouverneure zur regelmäßigen Überprüfung eines angemessenen Stammkapitals das Potenzial zu einer permanenten, im Ergebnis vielleicht explosiven Entwicklung des Stammkapitals des ESM steckt. Und Deutschland ist mit 27 Prozent dabei: Unmittelbar mit der Erhöhung des Garantiebetrags und anschließend mit immer weiteren Zahlungen von Haftungskapital.
Weiterlesen: 13. Den Letzten beißen die Hunde: den deutschen Steuerzahler
(aus: „Lasst Euch das nicht gefallen! Eine Streitschrift gegen den Europäischen Stabilitätsmechanismus“ von Prof. em. Dr. Franz-Ulrich Willeke [PDF-Datei zum Herunterladen])